Handwerks Chronik
Die geschichtliche Entstehung des Gebäudereinigerhandwerks geht bis auf das 17. Jahrhundert zurück.
(zusammen gestellt von Hans – Peter Krüll)
Nach dem dreißigjärigen Krieg zogen in Norddeutschland sogenannte Wand und Wagen-wäscher mit Bürsten, Besen, Leitern oder Kübeln bepackt in die Städte um Fassaden zu reinigen. Reinigungsarbeiten gehörten sicherlich schon immer zu den Tätigkeiten der Menschen.
Das Gebäudereinigerhandwerk lässt sich allerdings weder von den sogenannten Wagenwäschern die nach dem dreißigjährigen Krieg in Norddeutschland auftraten und auch Fassadenreinigungen anboten, noch von den Beschäftigten in der Tradition des klassischen Dienstpersonals ableiten. Das Handwerk des Gebäudereinigers in heutiger Form ist erst mit der beginnenden Industrialisierung im 19. Jahrhundert in Deutschland entstanden.
Erst nachdem der belgische Chemiker und Unternehmer Ernest Solvay im Jahre 1861 durch kostengünstige Glasproduktion diesen Baustoff breiten Bevölkerungsschichten eröffnete, waren die Voraussetzungen für die gewerbliche Glasreinigung geschaffen.
1878
Gründete der Franzose Marius Moussy in Berlin sein französisches Reinigunginstitut.
Das Unternehmen beschäftigt sich ausschließlich mit der Glasreinigung.
Ehemalige Mitarbeiter Moussys machen sich bald selbstständig und gründen in anderen Städten weitere Reinigungs-institute. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wuchs das Glasreinigungsgewerbe stetig.
Das Aufblühen der Industrie im Deutschland der Gründerzeit zog den Bau von großen Geschäftshäusern,
Verwaltungsgebäuden, Bahnhöfen und Ministerien mit riesigen Natursteinfassaden und wuchtigen Fenstern nach sich.
1888
Die erste Fassadenreinigung wird in Frankfurt am Main mit Hilfe einer mechanischen Fahrleiter
durchgeführt.
1901
Die ersten Unternehmen gründen eine Berufsstandsorganisation den Verband der Reinigungsinstituts
Unternehmer Deutschlands. Initiator war der Göttinger Verleger Ernst Kelterborn, der im April 1901 die erste Fachzeitschrift "Internationales Centralblatt für Reinigungsinstitute und verwandte Geschäftszweige" herausgibt.
In der Satzung sieht der Verband die Gründung von "Gauen und Orts-gruppen" vor, Vorläufer der Landes-innungsverbände und Innungen. Einzelne Unternehmer fordern die Anerkennung der Reinigungstätigkeiten als Handwerk.
1914 - 1918
Fast alle männlichen Erwerbstätigen des Reinigungsgewerbes werden zum Heer eingezogen oder
zur Arbeit in rüstungswirtschaftlich wichtigen Unternehmen verpflichtet. An ihre Stelle treten die Frauen, die als Betriebsleiterinnen und Glasreinigerinnen arbeiten. Während des Krieges stellt der Verband seine Tätigkeiten ein.
1920
Im Südwesten wird der "Verband der Reinigungsinstituts Unternehmer Süddeutschlands" , im Westen der "Westdeutsche Reinigungsunternehmerverband" gegründet. In Hannover wird die erste Innung für das Glasreinigergewerbe gegründet. Bis zum Beginn des "Dritten Reiches" entstehen weitere 381 Innungen.
- 1926 Freie Innung Kiel,
- 1926 Freie Innung Düsseldorf
- 1927 Freie Innung Stuttgart
1929
Der "Reichsverband der Glas- und Gebäudereinigerinnungen" wird gegründet. Dem Verband gehören sechs Landesverbände an. Verbände der Reinigungsinstituts Unternehmer:
- Westdeutscher Reinigungsunternehmerverband
- Reinigungsunternehmerverband Süddeutschlands
- Reinigungsunternehmerverband Norddeutschlands
- Reinigungsunternehmerverband Ostdeutschlands
- Reinigungsunternehmerverband Sachsens
- Reinigungsunternehmerverband Mitteldeutschlands.
30. Januar 1933
Die Nationalsozialisten übernehmen die Macht und ordnen das Handwerk durch die Einführung der Pflichtinnungen neu. Alle Handwerker sind jetzt verpflichtet einer Innung beizutreten.
Die Regierung gibt am 30. Juni 1934 ein Verzeichnis der Gewerbe heraus, für die diese Bestimmung gilt. Hier wurden auch die Gebäudereiniger aufgeführt, und damit in ganz Deutschland als Handwerker
anerkannt. Die Innungen waren damit "gleichgeschaltet", d. h. der Vorstand muste in seiner Mehrheit aus Mitgliedern der NSDAP - National- sozialistische deutsche Arbeiterpartei bestehen. Nach der reichsweiten Anerkennung als Handwerk wird der Reichsverband der Glas- und Gebäudereinigerinnungen aufgelöst.
1934
Der Beruf des Gebäudereinigers ist als Handwerksberuf seit diesem Jahr staatlich anerkannt und bildete Gebäudereiniger und Meister aus. Ein Gebäudereiniger bekommt nach ordentlicher dreijähriger Ausbildung und fachliche Prüfung einen Gesellenbrief.
Danach kann der Geselle eine Meisterprüfung ablegen, was heute leider nicht mehr zwingend nötig ist um einen Betrieb zu gründen.
Circa 2600 Betriebe allein in Deutschland, von denen einige schon mehr als 100 Jahre existieren, haben sich in Innungen zusammen geschlossen.

Logo des Bundesinnungsverbandes
Seit einer Novellierung im Jahr 2003 der Handwerksordnung ist keine Ausbildung mehr erforderlich um sich als Gebäudereiniger selbständig zu machen. Die direkte Folge war eine Zunahme der Anzahl der Betriebe von 7000 im Jahr 2003 auf zuletzt 35.636 am Stichtag 30. Juni 2010.
Diese Regelung schuf aber auch Grauzonen durch Unternehmer aller Couleur, welche sehr oft nicht einmal aussreichende Grundkenntnisse des Kaufmanns, noch kompetentes Fachwissen oder langjährige Berufs-erfahrungen eines Gebäudereinigers haben.
Dieser Mangel einer kaufmänischer Ausbildung, sowie keine Ausbildung zum Gebäudereiniger mit fehlendem Fachwissen zur Einhaltung aller Qualität Standards, der einzusetzenden Materialien, war und ist bis heute immer noch dafür verntwortlich das es im Gewerbe sehr unwirtschaftlicheund und handwerksschädigende Dumping Preisangebote abgegeben werden. Dieses dann am Ende die Qualität und Leistungmöglichkeiten des Gesamt-angebotes stark einschränken, und dem Gebäudereiniger Handwerk nur Schaden zufügt.
Die Meisterbetriebe der Innungen, sehen ihre Aufgabe auch darin, dieser Entwicklung entgegen zuwirken, und den Ruf des Gebäudereinigerhandwerks durch fachgerechte Leistungen zu stärken.
Das Gebäudereiniger Handwerk war 2003 bundesweit mit 6.900 Betrieben als größter im Handwerksmarkt Deutschland tätig. Tendenz: steigend.
Der deutsche Gebäudereinigungsmarkt ist vor Frankreich, Italien und Großbritannien der größte Reinigungsmarkt Europas. Das Betriebsspektrum reicht von kleinen Spezialanbietern bis zu großen Dienstleistungs Unternehmen, die sämtliche Leistungen in und an Gebäuden anbieten, und in Einzelfällen bis zu 40.000 Mitarbeiter beschäftigen.
(aktualiesiert 06.01.2017)